Dominique Görlitz: Die Argonauten der Steinzeit

Buchvorstellung

»Dominique Görlitz: Die Argonauten der Steinzeit. Auf der Suche nach dem Eisen der Pharaonen«

Buchcover von D. Görlitzs: Die Argonauten der Steinzeit - Foto von O. Fritz
Buchcover von D. Görlitzs: Die Argonauten der Steinzeit – Foto von O. Fritz

Die Argonauten der Steinzeit – Einstieg ins Thema

Ein echtes Schwergewicht im wahrsten Sinne des Wortes, legt der promovierte Biogeograph, Experimentalarchäologe und Autor Dominique Görlitz mit seinem Buch: „Die Argonauten der Steinzeit. Auf der Suche nach dem Eisen der Pharaonen“ vor. Dabei ist das Buch mehr als ein ausführlicher Expeditionsbericht der ABORA-IV-Mission, die im Jahr 2019 (16. August 2019 – 19. September 2019) durchgeführt wurde. Dominique Görlitz und seine internationale Schiffscrew begaben sich dabei auf die Spuren der Argonauten. Mit einem rekonstruierten und manövrierfähigen ägyptischen Schilfsegelboot – segelten sie auf historischen Schiffs- bzw. Handelswegen.

Auf alten Routen unterwegs

Ausgangspunkt ihrer Expedition war dabei die bulgarische Hafenstadt Varna im Schwarzen Meer und führte sie über das Marmarameer in die Ägäis, um schließlich in der türkischen Stadt Kas an der Küste des Mittelmeers zu enden. Die hiermit verknüpfte Absicht lag darin, durch systematische Beobachtung festzustellen, ob und inwieweit die Ägypter des Altertums in der Lage gewesen sein könnten, über den Seeweg, Handelsgüter, wie zum Beispiel: Eisen, Bronze und Zinn sowie Bernstein, nach Ägypten zu importieren.

In dieser Beziehung wurde auch der Frage nachgegangen, woher die Ägypter des Altertums das Eisen hatten, was nach aktuellen Studien im Inneren der Cheopspyramide in Gizeh entdeckt wurde. Und das, obwohl dieses Material (Eisen) im alten Ägypten nicht bekannt war. Auf der Suche nach einem Erklärungsansatz griff man auf die Aufzeichnungen des griechischen Geschichtsschreibers Herodot (ca. 490 – 425 v.Chr.) zurück. Dieser berichtete unter anderem davon, dass die alten Ägypter umfangreiche Handelsbeziehungen pflegten, die bis ins Schwarze Meer reichten. Die sich daraus ergebene Annahme, dass Kontakte zwischen den Völkern des Schwarzen Meers und denen des Mittelmeerraums bestanden haben könnten, sollte unter anderem überprüft werden.

Zum Aufbau des Buchs

Nach einer kurzen Einleitung schlägt der Autor einen Bogen von den Ursprüngen des ABORA-Projekts und dessen eigener Geschichte. Es folgen Ausführungen zur Historie der Schilfboote, deren Herstellungsweise und Verbreitung. Im nächsten Schritt folgen Erläuterungen zu Herodot und seine schriftlichen Überlieferungen. Es schließen sich Ausführungen über das strittige Cheops-Projekt und deren Ergebnisse an. Auch Erläuterungen zur Herstellung und Verwendung von Eisen im Altertum, legt Görlitz dar. In dieser Beziehung ist der Exkurs zu aktuellen Erkenntnisse der Bergbaugeschichte interessant, denn der Autor schreibt, dass es bereits früher als bislang angenommen, Bergbau im Erzgebirge gab. Er weist außerdem darauf hin, dass es frühe Bronze- und Goldkulturen im Balkangebiet gab. Er fährt fort mit Erkenntnissen zur Himmelsscheibe von Nebra. Hier stellt er den werkimminenten Interpretationsansatz zur Scheibe von Nebra knapp vor (Vgl. Wirth und Görlitz). Die dadurch gewonnen Einsichten widersprechen der offiziellen Meinung.

Im nächsten Schritt entfaltet der Autor seine ausführliche Beschreibung der ABORA-IV-Expedition. Die Leserschaft ist hautnahe dabei, wie diese – Schritt für Schritt – Gestalt annimmt. Von der Auswahl bolivianischen Schilfs über die Herstellung des Boots in Handarbeit bis zum Stapellauf der Barke. Daneben gab es eine Reihe von organisatorische Hindernisse und Verzögerungen, die der Leserschaft nicht unterschlagen werden und verdeutlichen, wie umfangreich ein solches Forschungsprojekt ist. Natürlich wird auf die Expeditionsfahrt auf hoher See eingegangen und mit wunderschönen Fotos illustriert. Es wird nicht versäumt die internationale Schiffscrew kurz vorzustellen, denn solch ein Projekt ist Teamwork und ohne Sponsoren kaum realisierbar. Abschließend beschreibt der Autor, was mit dem Schilfboot am Ende der Expedition in der türkischen Küstenstadt Kas geschah. Literatur- und Bildnachweise runden diesen Band ab.

Was gibt es zu kritisieren?

Hier fällt auf, dass dieses Buch über kein Impressum und Inhaltsverzeichnis verfügt. Ein schneller Überblick ist deshalb nicht möglich. Gleichzeitig ist störend, dass es sich um ein schweres und unhandliches Buchformat (DIN-A3) handelt. Auch die Exkurse zu Beginn des Buches, obwohl verhältnismäßig kurz, lenken von der ABORA-IV-Expedition ab. Der hohe Preis wird manchen leider abschrecken.

Was gibt es für positive Aspekte zu nennen?

Das Buch zeichnet sich durch eine Reihe positiver Aspekte aus. Zuerst fällt auf, dass es sich um ein solides Hardcover-Buch handelt, mit ausgezeichneter Buchbindung. Gleichzeitig ist hier die hohe Papierqualität zu nennen. Es handelt sich dabei, um schweres, glattes Fotopapier, das an die Starrheit von Pappe erinnert. Eselsohren gibt es da nicht! Die Textabschnitte und Bilder erstrahlen dabei in glänzender Fotoqualität. Die Auswahl der verwendeten Bilder unterstreicht in gelungener Art und Weise, die jeweils dazugehörigen Themen- bzw. Textabschnitte. Diese sind durch kurze, eindeutige Überschriften strukturiert. Die Texte sind frei von unnötigen Fachjargon und in einem klaren, kompetenten Deutsch verfasst. Wer eine trockene wissenschaftliche Arbeit erwartet ist hier falsch! Es ist vielmehr ein populärwissenschaftliches Sachbuch im DIN-A3-Format, das jeweils in gebotener Kürze, einen Themenabschnitt kompetent behandelt. Das Seitenlayout erinnert an Wissenschaftsposter, die kurz und knackig den Sachverhalt auf den Punkt bringen. Dies gelingt dem Autor ausgezeichnet. Im Übrigen liegt dem Werk ein separates Poster im DIN-A3-Format bei. Dieses zeigt auf der einen Seite die: „Chronologische Zusammenfassung der Weltgeschichte zwischen 9.000 – 1.000 v.Chr.“ Und auf der Rückseite: „Das Dilemma der Metall-Zeitalter“ sowie „Das Zeit-Paradoxon der Cheops-Pyramide“.

Abschließende Gedanken

Mit seinem Sachbuch: „Die Argonauten der Steinzeit“ legt Dominique Görlitz einen informativen und lesenswerten Expeditionsbericht der ABORA-IV-Mission vor. Es konnte belegt werden, dass man mithilfe eines rekonstruierten ägyptischen Schilfsegelboots der Pharaonenzeit, große Entfernungen über das Mittelmeer, der Ägäis und Schwarzen Meer bewältigen konnte. In dieser Beziehung erscheint es wahrscheinlich, dass der wechselseitige Waren- und Kulturaustausch zwischen Ägypten und den umliegenden Ländern, die sich auf den historischen Seewegen befanden, stattfand. Dieses Werk illustriert, dass Geschichte keine trockene und langweile Materie sein muss, sondern vielmehr praktische Forschung beinhalten kann.

Mit diesem Buch bestätigt der Autor im Übrigen, was der US-amerikanische Astronom, Moderator und Publizist Carl Sagan einst schrieb: „Es liegt im Wesen der Wissenschaft, daß sie sich selbst korrigiert. Durch neue Versuche und neue Ideen werden immer wieder alte Rätsel gelöst.“ (O. F.)

 

Bibliografische Angaben:
Dominique Görlitz: Die Argonauten der Steinzeit. Auf der Suche nach dem Eisen der Pharaonen. Dresden: Weltbuch Verlag 2020, ca. 64 S. (DIN-A3-Format). ISBN: 978-3906212586. Preis: ca. 90,- EURO.